Donnerstag, 28. Januar 2010

An der Supermarktkasse

Die Kassiererin zog meine Einkäufe über den Scanner, in Rekordgeschwindigkeit.
Da ich die letzte Kundin an der Kasse war, konnte ich mir mit dem Einräumen Zeit lassen.
Plötzlich, ich tauchte gerade wieder aus meinem Einkaufswagen auf, stand ein ungepflegter Mann mit am Band.
Seine Haare sahen in dunklen Strähnen unter dem Basekap, ziemlich ungewaschen, hervor.
Auch seine gewollt sportliche Kleidung ließ, nicht nur durch ihr Aussehen, sondern auch durch ihren Geruch, sehr vermuten, dass er unter einer starken Wasserphobie litt.
Beschämt lächelte er und entblößte damit zwei lückenhafte, mit Goldzähnen frisierte Zahnreihen.
„ Haben Sie Frauenzeitschriften?“, fragte er.
Die Kassiererin sah ihn entgeistert an
„ Die sind doch direkt hier!“
Sie wies mit dem Finger hin.
Er, schon sehr leise,: „ Nein, Frauenzeitschriften!“
„ Die sind doch direkt da vorne, gucken sie doch!“
Er, ganz leise, : „ Nein, wissen sie,“ ihm war es sichtlich peinlich, trotzdem machte er eindeutige Handbewegungen vor seiner Brust, „ Frauenzeitschriften.“
Die Kassiererin sah mich an.
„ Verstehen Sie ihn?“
„ Ja, er meint die Schleuderblätter.“
Sie grinste mich an!
„ So etwas haben wir nicht!“
Was er an diesem Satz nicht verstanden hatte, dass bleibt sein Geheimnis, denn er fragte, ganz leise, : „ Und die Praline?“
Die Kassiererin zeigte in eine Regalreihe.
„ Gleich da hinten sind Pralinen!“
„ Nein, die Praline.“
Jetzt sah sie mich wieder an.
„ Was will der denn jetzt? Pralinen, oder?“
„ Nein, er will eine Wichsvorlage! Das will er die ganze Zeit. Praline heißt so eine Zeitschrift.“
Man muss die Dinge eben laut und deutlich benennen.
Denn meine Befürchtung war mittlerweile, dass er alle Magazinnamen aufzählen würde, die ihm einfielen und ich immer noch an der Kasse stände.
Der Herr in der Schlange an der Nachbarkasse, sah mittlerweile schon sehr interessiert zu uns rüber.
Ob er letztens auch dieses Problem hatte?
Mit großen Augen sah er mich an und lächelte verschämt.
„ So was haben wir nicht!“
War die sehr deutliche Antwort der Kassiererin.
„ Ja, gut, danke.“
Er drängte sich an mir vorbei, nach draußen.
„ Was war das denn?“, fragte mich die Kassiererin.
„ Ich weiß nicht, der war nur fies!“
„ Ja, und ich habe den am Anfang gar nicht verstanden!“
Das hätte ich jetzt nicht gemerkt...

Montag, 25. Januar 2010

Kann mir jemand helfen?

Ich suche ein einfaches Strickmuster für eine einfache Weste oder Jacke.
Da ich aber nur 350 g Wolle habe begrenzt sich die Auswahl.
Auch das ich sonst nur Mützen und Schals produziere, grenzt den Schwierigkeitsgrad ebenfalls ein.
Hat jemand einen Tipp für mich?

Vor dem Fenster, auf der Strasse

Gerade vor dem Esszimmerfenster, es liegt zur Strasse, sehe ich einen roten Klein-,eher Winzwagen, einparken.Dieses Asiamodell wird von einem, geschätzt, sechzig jährigen Mann gefahren. Die Parklücke hat LKW-Ausmasse.
Hektisch guckt der grauhaarige Herr aus dem Seitenfenster, in den Spiegel, nach vorne und alles wieder ab Anfang. Er kurbelt an dem armen kleinen Lenkrad, als ob er einen Sechzigtonner fahren würde. Der Kleinwagen fährt vor und zurück, hin und her, begleitet durch das hektische Gucken seines Fahrers.
Die Fahrertür öffnet sich eine Spalt. Gerade soviel, dass er sich aus der Tür lehnen kann, natürlich noch mit der Hand am Lenker. Vorsichtig fährt er rückwärts. Ganz vorsichtig! Über einen Sechzigtonner verliert man so schnell die Kontrolle! Das geht ganz schnell! Und dann? Bleibt nur Unheil und Verwüstung übrig! Nur verbrannte Erde!
Die Tür schließt sich wieder und er lehnt sich entspannt zurück. Langsam greift er zum Beifahrersitz. Stellt den Motor ab und öffnet die Tür. Plötzlich schallt über die Stasse Schlagermusik. Er lehnt sich, bei offener Tür, entspannt in den Sitz zurück und zündet sich eine Zigarette an.
Mission erfüllt...

Samstag, 23. Januar 2010

Mensch 2

Er sitzt still in Hauseingängen, beobachtet Passanten. Stundenlang.
Ohne das er den Kopf bewegt, folgen seine großen dunklen Augen jeder Bewegung.
Er ist groß und stämmig, trägt einen ordentlichen Wohlstandsbauch vor sich her und farbig.
Seine Haut hat diesen wunderbaren bitterschokoladenbraunen Ton. Sein Haar ist schwarz, genauso wie sein Bart, der die Pausbäckchen unterstreicht. Manchmal leuchten seinen Fingerkuppen kurz hell auf, als ob plötzlich Licht aus ihnen austreten muss. Er trägt immer eine Anzugjacke, zu sportlicher Hose und seine Kleidung ist sauber. Doch ihre gedeckten Farben unterstreichen nur seine Traurigkeit.
Er sieht traurig aus, enttäuscht von seinem Leben. Selten lächelt er. Doch dann dringt das Strahlen durch den zotteligen Bart bis in seine Augen.
Im Sommer sitzt er meistens in Hauseingängen an belebten Plätzen. Es scheint fast, dass er versucht seine Traurigkeit mit der Freude anderer Menschen für kleine Augenblicke zu vergessen. Still sitzt er da und beobachtet. Er spricht niemanden an, bettelt nicht, will nur zusehen dürfen. Will durch das Zusehen ein Teil dieses fröhlichen unbeschwerten Lebens werden, wenn auch nur für wenige Augenblicke.
Er ist bekannt, er gehört dazu und er wird versorgt. Verspürt er Hunger, dann geht er zu Dios Taverne. Dort wird er wie ein guter Freund begrüßt. Höflich fragt er, ob er sich auch setzen darf. Seine Stimme ist für so einen großen Mann sehr hoch und leisen. Lächelnd wird er zu einem Platz geschickt. Man sieht ihm an, dass er sich hier geborgen fühlt, fast wie ein zu Hause. Und ganz kurz lächelt er.

Freitag, 22. Januar 2010

Welten

An solchen ungestümen Tagen trifft man plötzlich wildfremde Menschen, bei denen man das Gefühlt hat, dass sie verstehen, mehr verstehen als so mancher nahe Mensch.
Die Geschichten sind sich verblüffend ähnlich und das Ziel ist das selbe.
Der kleine Warteraum wird plötzlich zur ganzen Welt, die sich öffnet und versteht.Die aber auch beschützt, vor dummen verletzenden Ratschlägen, die nicht hinein gelangen.
Es herrscht eine Offenheit, die beeindruckt und hilft. Sie hilft gegen die ganze verständnislose Welt draußen.
Sie rüstet einen auf, damit man den Schritt in die andere Welt überlebt und nicht kampflos aufgibt.
Sie hilft nicht zu verzweifeln, an dem gemeinsamen Ziel.
Es ist beruhigend und tröstlich zu wissen, dass es anderen Menschen ähnlich geht.
Und der Weg wird dann nur noch ein bisschen steinig, denn man geht gemeinsam!

Montag, 18. Januar 2010

Nachtrag

Da ist aber so einiges schief gelaufen!
Herr L. sitz jetzt in seinem Büro und fällt vor Lachen bald vom Stuhl.
Sie können sich sicherlich denken warum!
Er amüsiert sich über mich!
Nicht, dass ich ihm seine Erheiterung nicht gönne, nein, sicher gönne ich sie ihm, aber er lacht über meine schlechte Laune!
Und mein Vater ruft gerade ganz aufgeregt an und fahndet lautstark nach seinem entgangenen Telefonanruf.
Das ist nicht mein Tag!

Das ist wieder nicht mein Tag...

Kann man dauerhaft schlecht gelaunt sein?
Ich gehe mir gerade gehörig selbst auf die Nerven!
Alles finde ich schrecklich und furchtbar!
Mir ist irgendwie der Spass und die Leichtigkeit am Leben verloren gegangen.
Falls sie jemand findet, bitte bei mir abgeben!
Sie werden sehnlichst erwartet und schmerzlichst vermisst.
In der Zwischenzeit, bis sie wieder auftauchen, werde ich weiter meine Umwelt tyrannisieren.
Mein alter Chef sagte immer, ich wäre schlimmer als Al Kaida.
Ich gehe mir jetzt ein bisschen Spass suchen....

Samstag, 16. Januar 2010

Wahre Worte

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,
dass er tun kann, was er will,sondern darin,
dass er nicht tun muss, was er nicht will!

Jean-Jacques Rousseau

Was ist das für ein Tag?

Ist es das Wetter?

Heute ist wieder so einTag, den man ohne mit der Wimper zu zucken in die Tonne prügeln kann, bitte mit Anlauf.

Es fing schon in der Nacht an.

An Schlaf war nicht zu denken, so gefrohren habe ich.

Also aufstehen und eine Wärmflasche machen.

Was passiert mir?

Richtig, ich kippte mir das kochend heiße Wasser über die Hand!

Nein, so weh tat es nicht, es störte nur nachher während des Einschlafens, da zwickte es doch sehr unangenehm.

Her L. schlief übrigens während dessen seelig weiter.

Daran erkennen Sie, ich habe nicht geschrien, so tapfer war ich, jaja.

Heute morgen lachte mich dann auch nicht die Sonne an, es war trüb und kalt!

Aber jetzt schlief die kleine Katze wenigstens.

In der Nacht hatte sie sehr wahrscheinlich die Idee, sich mit einem Abrissunternehmen selbstständig zu machen.

Da Übung den Meister macht, übte sie in der Nacht.

Da wird man ja auch weniger gestört von den Mitbewohnern.

Ganz klar!

Da hat die Kreativität freien Lauf!

Der Kater sah sehr leidend heute Morgen aus, sehr unausgeschlafen.

Er würdigte sie keines Blickes.

Könnte er mit den Augen rollen, dann hätte er sicher bis morgen durchgerollt, ganz sicher.

Aber jetzt herrscht hier wieder Harmonie.

Beide liegen in ihrem Körbchen an der Heizung, nebeneinander und schlafen tief und fest.

Mir ist immer noch kalt und ich bin immer noch müde!
Und das was ich mir für heute so alles vorgenomme habe, das habe ich bis jetzt mal grade zu 10% erledigt.

Uarghhhh!

Dienstag, 12. Januar 2010

Frauenzeitschrift

Aus reiner Neugier kaufte ich mir die Brigitte.
Für die neue Ausgabe warb der Verlag damit, dass keine Models mehr die Modestrecken vorführen würden, sondern Leserinnenen.
Ach, dachte ich, da gibt es auch genug essgestörte, die Kleidergröße 34 tragen und Fahrradspeichen als Beine haben. Es wird bestimmt kein Unterschied zu sehen sein.
Im Stillen fand ich diese ganze Aktion einfach nur blöd!
Eine Kosmetikfirma bewirbt seit Jahren ihre Produkte mit "normalen" Frauen, die wunderschön anzusehen sind. Trotz, oder gerade wegen ihrere kleinen Fehler ist jede Frau einzigartig und strahlt ihre eigene Schönheit aus.
Doch traut sich das auch der Verlag der Brigitte ?
Immer wieder wird über den Wahnsinn dieser kachektischen Models berichtet, doch gebucht wurden sie trotzdem.
In allen Frauenzeitungen wurde dieses verfehlte Frauenbild abgebildet und zum Ideal erklärt. Ein paar Seiten später gab es dann die Diätvorschläge zum Wohlfühlgewicht.
Doch ich war wirklich überrascht!
Es waren normal schlanke Frauen abgebildet, die keine Fahrradspeichen als Beine hatten und selbst einen winzigen entzückenden weiblichen Bauchansatz.
Diese Frauen strahlen soviel Schönheit aus.
Und Sich die eigene Figur in den abgebildete Kleidungsstücken vor zu stellen, ohne einem plötzlichen Diätwahn zu verfallen, ist nicht mehr utopisch.
Mir gefällt die neue Brigitte und die in ihr vorgestellte Mode.

Montag, 11. Januar 2010

Zorn

Trübe Gedanken aus vergangenen verletzenden Situationen, in denen ich nicht den Mut gefunden habe, diese zuklären oder an mir abprallen zu lassen, belästigen in ruhigen Stunden mein Gemüt.
Wut und Zorn steigen auf!
Zorn gegenüber diesen übergriffigen unehrlichen Menschen und Wut meiner Verletzlichkeit gegenüber.
Beides schnürt den Kopf und das Herz zu.
Doch wie grentzt man sich vor solchen Menschen ab?
Ich habe es mit Humor und Freundlichkeit versucht.
Der einzige mensch, der nicht mehr lachen konnte war ich.
Solche Menschen scheinen kein Gespür für eine leise humorvolle Abgrenzung zu besitzen, sie trampeln über sie hinweg.
Freundlichkeit wird als Schwäche ausgelegt, die ohne zu zögern ausgenutzt wird.
Unter dem Mäntelchen der Anteilnahme, bohren sie immer weiter in bereits vorhandenen Wunden.
Sie verstehen höfliche Ausflüchte nicht, sondern geben noch ihre unreflektierten verletzenden Ratschläge zum Besten, ungefragt!
Ich habe es freundlich , aber bestimmt versucht, missklingende übergriffige Situationen zu klären.
Als Ergebnis wurden mir die Worte und Situationen im Mund verdreht.
Da jeder Mensch eine eigene Realität besitzt, versuchte ich, im Gespräch, beide Wahrnehmungen näher zu bringen.
Doch die Annäherung kam so zustande, dass mein Gesprächspartner seine Realität als die einzig richtige ansah und meinen Gesprächsversuch als Entschulgignung darstellte.
Mittlerweile versuche ich solche Personen und ihr Verhalten konsequent zu ignorieren, sie direkt und sehr deutlich in ihre Schranken zu weisen.
Jetzt werde ich als unfreundlich, abweisend und verspannt dargestellt.
Eben psychisch etwas daneben, aber bei dem ganzen Stress, was will man da denn anderes erwarten.
Solche Amöben, die ihre Bildung aus der Bäckerblume beziehen, kotzen mich an!
Und mich ärgert es schwarz, dass ich noch darüber nachdenken
So, mußte ich mal los werden.

Freitag, 1. Januar 2010

2010

Frohes neues Jahr!

4. Hochzeitstag


Seit vier Jahren sind Herr L. und ich jetzt verheiratet!
Am 31.12.2005 waren wir das letzte Brautpaar in dem Jahr.
Unsere Hochzeit war sehr spontan, da eigentlich ein anderes Datum geplant war, doch am 30.12.2005, mittags, da wussten wir, dass wir so schnell wie möglich heiraten müssen.
Bereut haben wir es bis heute nicht!
Hier ist die Geschichte!

30.12.2009

Herr L. war wie immer früh aufgestanden, um zur Arbeit zu gehen. An diesem Morgen drängelte ich mich mit vor dem Waschbecken, denn ich hatte meiner Mutter versprochen mit ihr ins Krankenhaus zu fahren.
Der Tag war grau kalt und feucht. Auf der Strasse war wenig Verkehr, so dass ich zeitig bei meinen Eltern eintraf. Meine Mutter hatte schon gewartet.
„ Hast du gut geschlafen? Wie lange wird das wohl dauern? Der Papa und ich wollen heute mittag Nudeln essen. Ist der Herr L. arbeiten? Wo ist denn Dein Vater? Wir sind jetzt weg!“
Im Auto sah meine Mutter mich von der Seite an.
„ Deine Haare sind aber lang geworden. Habe ich schon Weihnachten gedacht. Weihnachten war schön. Meinst du es ist etwas schlimmes?“
„ Das weiß ich nicht Mama, aber deshalb fahren wir hin.“
„ Ich will aber nicht da bleiben!“
„ Wenn du nicht dableiben willst, dann musst du auch nicht!“
Im Krankenhaus angekommen, steuerte meine Mutter zielsicher die interne Ambulanz an.
Ich setzte mich in das Wartezimmer, mit riesigem Plasmafernseher.
Nach einer Weile ging die Türe auf und eine Ärztin setze sich neben mich.
„Sind sie die Tochter von Frau P.?“
„ Ja“
„ Weiß Ihre Mutter wie schlecht es um sie steht?“
„ Nein, wenn Sie es ihr nicht gesagt haben, dann nicht.“
Wir schauten uns kurz an.
„ Wenn Sie noch etwas gemeinsam zu erledigen haben, dann sollten Sie es jetzt tun.“
„ Aber sie bleibt nicht da!“
„ Das darf ich nicht entscheiden. Ihre Laborwerte sind lebensbedrohlich!“
Diese Aussage ließ mich sie doch etwas verwundert angucken.
„ Ja, und? Sie werden sie nicht mehr heilen können. Was wollen Sie denn hier machen?“
„ Ihr Tropfen für ihre Gerinnung geben.“
„ Und was noch? Wir kommen morgen früh zur Kontrolle wieder.“
„ Wenn Sie mir das versprechen, dann spreche ich mit der Oberärztin.“
Sie ging wieder.
Jetzt saß ich in diesem Raum und wusste nicht was ich tun sollte.
Sollte ich jetzt meiner Mutter sagen, dass sie sterben wird?
Das konnte ich nicht.
Die Türe öffnete sich und meine Mutter betrat siegessicher den Raum.
„ So, jetzt bekomme ich noch ein paar Tröpfchen und dann gehen wir.
Ich muss aber Morgen wieder hin, zur Kontrolle. Wie viel Uhr ist es? Der Papa hat bestimmt schon Hunger. Was wollte denn die Ärztin von dir?“
„ Ob ich morgen mit dir komme und du auch hier hin kommst.“
„Die ist nett. Ich habe auch mit der Oberärztin gesprochen, die dicke mit dem mürrischen Gesicht, die sagt, wenn du dich kümmerst, dann kann ich gehen.“
„ Genau“
Auf dem Rückweg redeten wir über so viele belanglose Dinge, ich erinnere mich nicht mehr daran.
Sobald meine Mutter ausgestiegen war und ich vom Haus entfernt war hielt ich an. Mir liefen die Tränen über die Wangen.
Herrn L. anrufen, dachte ich mir!
Nach einem kurzem Telefonat fuhr ich zu seinem Büro.
Unterwegs kam mir noch meine Kusine mit ihrem Auto entgegen. Sie rief ich auch an.
„ Nienchen, du sollst doch nicht mit dem Handy während des Fahrens telefonieren!“
„ Die Mama stirbt, Tannie!“
Sie war genauso entsetzt wie ich.
„ Und jetzt?“
„ Ich weiß nicht. Sie ist zu Hause und isst Nudeln mit dem Papa.“
„ Weiß sie es denn nicht?“
„ Nein, es hat ihr niemand gesagt, ich auch nicht.“
„ Willst du zu mir kommen?“
„ Nein, ich fahre jetzt zu Herrn L.. Rufe dich aber noch mal an.“
Herr L. war genauso schockiert wie wir alle.
Im Auto fragte er mich, ob ich ihn denn auch schon morgen heiraten würde.
Ja, sicher, aber wie sollte das denn so schnell gehen?
Ich rief wieder meine Kusine an und erzählte es ihr. Sie sucht schon die Telefonnummer des Standesamtes raus. Aber da war niemand mehr. Aber wir kannten die Standesbeamtin, mit ihrem Sohn bin ich zur Schule gegangen. Also, kurz und gut, fuhren wir zu ihr nach Hause. Dort erzählten wir ihr alles, sie rief kurz im Amt an und wir konnten morgen heiraten.
Danach trafen wir uns wieder bei meinen Eltern.
Meine Mutter verstand, war zu tiefst erschüttert. Doch freute sie sich.
Herr L. und ich ließe meine Kusine mit ihrem Kind bei meinen Eltern und fuhren Richtung Stadt.
Denn, ich hatte nichts, was man zu seiner Hochzeit anziehen könnte.
Jeans, T-Shirts, Turnschuhe, davon besitze ich genug, aber einen Blazer gab es nicht in meinem Schrank. Nur noch einen ollen schwarzen Hosenanzug, den wollte ich aber nicht zu meiner Hochzeit tragen.
Doch wir fanden nichts in der Stadt.
Gut, dachte ich, dann tut es auch der braune Rock mit dem grünen Rolli.
Enttäuscht fuhren wir nach Hause. Wir riefen dann noch Herrn L.s Eltern, seine Schwester und meine beste Freundin an, mehr nicht.


31.12.2005


Meine Mutter stieg ins Auto.
„ Und, bist du schon aufgeregt? Die Tannie holt uns ab. Ich weiß noch nicht was ich anziehen soll. Angelika bringt den Kuchen mit, danach fahren wir dann ja zu euch.“
Letzte Nacht hatte ich so schlecht geschlafen. Wie eine zukünftige Braut sah ich leider nicht aus.
„ Ja. Wie geht es dir denn?“
„ Wie soll es mir schon gehen? Wo kann man denn da parken? Soll ich mit dem Taxi zurück fahren, wenn es zu lange dauert?“
„ Quatsch, gestern ging es doch auch schnell.“
Ja, aber gestern war der riesige Fernseher aus, heute gruppierten sich trotz der frühen Stunde schon diverse Senioren im Wartezimmer um ihn. Es lief QVC! Meine Mutter enterte das Wartezimmer und sah kurz auf den Fernseher.
„ Nina, kannst du das umschalten, dass ist ja fürchterlich!“
Neben mir schimpfte dann auch der ältere Herr los, dass dieses Programm eine Zumutung sein. Das Wartezimmer lief sich langsam warm. Meine Mutter stand auf und stellte den Fernseher um. Dafür erhielt sie fast tosenden Applaus. Aber dann mischte meine Mutter das Wartezimmer richtig auf.
„ Das dauert aber heute lange! Wissen Sie, meine Tochter heiratet heute!“
Ich sah betreten nach unten.
Aus allen Ecken kam, herzlichen Glückwunsch, das ist ja toll und da lässt man sie solange warten.
„ Ja, wo das Kind auch noch mitgekommen ist!“
Das Kind sah jetzt betreten in die Runde und lächelte blöde. Meine Mutter sah ich strafend an.
„ Sei jetzt still, ich will das nicht!“
„ Warum, ich freue mich und das können alle wissen!“
Wieder zustimmendes Gemurmel aus den Rängen.
Der ältere Herr gratulierte und teilte mir gleichzeitig mit, dass meine Mutter Recht hätte.
Wir wurden aufgerufen! Diesmal ging ich mit, in der Hoffnung dort etwas Ruhe zu haben.
Meine Mutter setzte sich auf die Liege und ließ die Beine baumeln.
„ Wissen Sie“, setzte sie an, „ meine Tochter heiratet heute.“
Falls ich es noch nicht begriffen hätte, spätestens aber jetzt.
„ Das ist aber toll!“
Die Ärztin sah desinteressiert hoch, es war nicht die von gestern.
„ Ja, und deshalb würde es mich sehr freuen, wenn es hier ein bisschen schneller ginge! Sie heiratet um 14 Uhr und jetzt haben wir schon 11 Uhr!“
„ Oh, da sind sie aber bestimmt schon aufgeregt! Aber ihre Laborwerte sind so schlecht, ich kann sie gar nicht gehen lassen!“
So, jetzt reichte es mir aber!
„ Die Laborwerte waren auch schon gestern schlecht!“
„ Ja, aber heute bin ich da!“
„ Meine Tochter heiratet heute!“
Was für ein Zirkus!
„ Ob Sie heute da sind oder nicht, meine Mutter kommt wieder mit! Das ist mit ihrer Oberärztin abgesprochen. Jetzt geben Sie ihr ihre Tropfen!“
Was ich dieser unattraktiven blonden fetten Frau sonst noch alles gerne gesagt hätte, behielt ich für mich. Aber sie sah es mir an!
„ So, wenn ich jetzt die Tropfen bekomme, dann können wir gehen, ich komme morgen wieder!“
„ Heiraten Sie?“ fragte mich die Ärztin.
„ Ja, und stellen sie sich vor, ich habe noch nichts anzuziehen!“
Das war das Stichwort für meine Mutter.
„ Kann ich jetzt bitte die Tropfen haben, wir müssen los, meine Tochter heiratet heute!“
Ich fuhr meine Mutter nach Hause und dann in die Stadt.
Zu dem braunen Rock brauchte ich noch eine Strumpfhose. Auf dem Parkplatz rief ich eine gute Freundin von mir an und erzählte ihr, mittlerweile hatten wir 12 Uhr, dass wir um 14 Uhr heiraten werden. Sie schluckte und sagte, sie hätte jetzt noch einiges zu tun und legte auf.
Es regnete und ich wurde pudel nass.
Die Strumpfhose hatte ich jetzt, eigentlich könnte ich nach Hause, es war auch schon 12.30 Uhr.
Doch dann ging ich noch in den kleinen Laden.
„ Guten Tag, ich heirate heute um zwei und habe noch nichts anzuziehen!“ Meine Mutter hatte mich auch schon ganz irre gemacht.
„ Morgen um zwei oder heute Nacht um zwei?“ Fragte sie mich.
„ Jetzt gleich um zwei!“
Sie sah mich an und zeigte mit dem Arm Richtung Kabine.
„ Dann ziehen Sie sich schon mal aus!“
Hier fand ich das perfekte Kleid!
Doch jetzt hatten wir schon 13 Uhr!
Nach Hause bin ich gerast!
Um 13.20 Uhr kam ich an.
Herr L. stand schon im Anzug in der Tür.
Ich rannte ins Bad, duschen und Makeup, ich sah ja aus wie eine Wasserleiche.
13.50 Uhr stand ich fertig angezogen vor meinem Bräutigam. Er hatte mir in der Kürze der Zeit auch noch einen Brautstrauss gekauft, den er mir lächelnd gab.
„ Bin ich froh, dass er zum Kleid passt! Nur wir kommen zu unserer eigenen Hochzeit zu spät!“
„ Ohne uns fangen die so wie so nicht an!“
Im Rathaus angekommen, warteten alle schon auf uns.
Es waren so viele von unseren Freunden da!
Meine Mutter strahlte über das ganze Gesicht!


Das war die Geschichte zu unserer Hochzeit.
Jeder Zeit würde ich es wieder so machen und Herrn L. von jetzt auf gleich heiraten!
Die vier Jahre gingen rasend vorüber, und ich hoffe, dass wir noch unzählige Hochzeitstage gemeinsam erleben werden!